Interview

Synthetic Orange Festival – Interview mit dem Veranstalter Bernd W.

Am 12.10.2019 geht das SYNTHETIC ORANGE Festival in Karlsruhe in die vierte Runde. DarkBW wollte daher einmal hinter die Kulissen dieses Events schauen und hat Veranstalter Bernd Welter zu einem Interview gebeten.

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DarkBW: Lieber Bernd. Danke, dass du dir kurz vor der anstehenden 4. Synthetic Orange noch die Zeit nimmst um etwas über dein kleines, aber feines Festival zu erzählen. Wie ist deine Idee ein Festival zu organisieren geboren?

Bild: Bernd W.

Bernd W.: Also da kamen gleich mehrere Faktoren zusammen: Gemeinsam mit einem Freund habe ich 2015 ein Festival im französischen Lille besucht. Das Publikum war teilweise sehr weit angereist und offensichtlich kannten sich die Gäste schon seit mehreren Konzerten. Das war die Inspiration die ich in Karlsruhe aufgreifen wollte. Leider gab es da erst mal einen Dämpfer, denn da ich noch nie irgendwo eine Party organisiert habe und auch Privatperson bin, wollte keine der von mir angesprochenen Bühnen mit mir veranstalten.
2017 habe ich das Thema dann mit einigen Freunden beim Grillen – etwas Alkohol war wohl auch im Spiel – nochmals scherzhaft angepackt und anlässlich meines 45. Geburtstages nochmal Anlauf genommen. Glücklicherweise konnte ich das ‚Substage‘ für eine erste Party gewinnen und nach der Zusage konnte ich die Bands – von denen übrigens zwei schon in Lille dabei waren – unter Vertrag nehmen. So nahmen die Dinge ihren Lauf und als der Stein im Rollen war gab es kein zurück.

DarkBW: Die Festivalreihe hast du „Synthetic Orange“ getauft. Gibt es hierzu eine besondere Geschichte/einen Grund?

Bernd W.: Tja, siehe oben – die Grillparty. So spektakulär ist das aber nicht wirklich. Irgendwie sollte es schnell gehen und weil ich in jungen Jahren schon mal wegen meiner orangenen Technohosen „der Idiot in Orange“ genannt wurde kam ich da spontan drauf.
Hier ein passendes Video dazu

Später gabs noch andere Ideen, aber das ist jetzt nicht relevant.

DarkBW: Wie kommt die vielfältige musikalische Zusammenstellung deiner Bands zustande?

Bernd W.: Also unterm Jahr schreibe ich ab und zu Bands an, die ich mal irgendwo zu hören bekommen habe und umgekehrt kommen auch welche auf mich zu. Dann wird losgelöst von einem konkreten Gig erst mal Material gesichtet. Gefällt mir eine Band und passt zum Thema, biete ich an sie in meine Kandidatenliste aufzunehmen. Wenn dann später ein Konzert zu planen ist, überlege ich mir wen ich aus der Liste gerne hätte. Manche mussten durchaus schon lange auf einen Auftritt warten. So hatte ich schon beim 2. Synthetic Orange mit ‚Machinista‘ gesprochen und doch hat es sich jetzt bis zur 4. Ausgabe gezogen. Auch ‚Auger‘ haben einen langen Atem bewiesen. Da war schon früh Kontakt, aber beim 3. Durchgang hatten sie schon einen Gig in Witten und so mussten wir nochmal warten.
Bei ‚Unity One‘ hingegen ging die Geschichte vergleichsweise schnell. Nachdem der Kontakt Anfang 2019 zu Stande kam hat es nur wenige Wochen gedauert bis wir uns einig waren.

Die Fete soll ja nicht zuletzt den Nachwuchs fördern und ich lege bei der Bandauswahl auch großen Wert auf eine internationale Kombination die man so schnell nicht wieder findet.
Bei Headlinern ist das alles in allem schwieriger. Als vorrangig regional wahrgenommene Party muss man erst mal bekannte Namen ins Gespräch bekommen. Da wird dann schon mal vom Agenten geblockt oder dezent auf „sorry, du bist uns zu klein“ verwiesen. Trotzdem mag ich in 2020 wieder eine bekannte Band als Zugpferd haben, die den anderen Bands Publikum bringt.

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DarkBW: Was hebt das Synthetic Orange deiner Meinung nach von anderen Veranstaltungen ab?

Bernd W.: Ich glaube was bei Synthetic Orange den Charme ausmacht ist die überschaubare Größe und die Nähe von Bands zu Publikum. Das war ausschlaggebend bei der Vorlage in Lille. Ergo will ich gar nicht wachsen sondern gemütlich in dieser Größe feiern, tolle Bands entdecken und das mit immer weniger Aufwand abwickeln. Das sehen auch viele Fans so.

DarkBW: Ein familiärer Bezug ist dir wichtig. So werden Bands z.B. bei Familie und Freunden untergebracht. Hierzu gibt es lustige Anekdoten. Möchtest du uns vielleicht eine verraten?

Bernd W.: Nur eine? Lass mich mal überlegen. Da fallen mir mehrere ein. Zum Beispiel waren am Vorabend des 2. Durchganges ‚Octolab‘ und ‚Sinestar‘ bei mir in der Wohnung – auch meine Mutter, die als Gastgeberin von Octolab eingeplant war. Sie spricht und versteht kein Englisch und daher bat sie mich die Band zu fragen was sie denn zum Frühstück erwarten. Im Spaß haben die Schweden „Sauerkraut“ geantwortet und das Thema mit einem kurzen „ist eigentlich egal, uns reicht etwas einfaches“ weggelacht. Aber das einzige was meine Mutter verstanden hat war nun mal „Sauerkraut“ – genau das gabs dann Samstags in der Früh. Ich hätte so gerne daneben gestanden und in die Gesichter gesehen…

Auch schön war der Moment als ich Jonas (Train To Spain) in Frankfurt am Flughafen abgeholt habe. Wir hatten uns ja noch nicht real gesehen und die Frage war, woran wir einander erkennen würden. Ich habe ihm gesagt, dass ich mir was einfallen lasse wie er ganz sicher sein kann, dass ich es bin. Er stand am Kurzparker und als ich vorgefahren bin habe ich ein Lied von ‚Train To Spain‘ laufen lassen und ich schwörs bei allem was mir heilig ist: Jonas ist im Laufen vor Stolz 10% gewachsen und hat gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd.

Als drittes noch eine Geschichte vom 3. Durchgang. Die französische Band ‚Foretaste‘ hatte mit Jean Luc De Meyer von Front 242 einen ganz besonderen Gast mit gebracht. Der stand dann zeitweise mitten im Publikum und Fans haben sich gefragt ob er das wirklich ist. Manche sind hin und haben um ein Selfie gebeten; das war mir auch eine Freude deren Überraschung zu sehen.

DarkBW: Gibt es ein Erlebnis, welches dir in dieser Zeit besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Bernd W.: Da gab es sicherlich gleich mehrere sehr emotionale Momente. Tolle wie auch traurige. Besonders schön sind die gemeinsamen Aktivitäten jenseits der Veranstaltung. Nach dem Kickoff haben wir mit Team und den Bands in Durlach gebruncht. Danach hat ein Freund beim Spaziergang zum Turmberg ein wenig über Karlsruhe referiert und oben haben wir dann gemeinsam Bilder geschossen als würde man sich ewig kennen. Das fand ich toll. Ich freue mich auch schon sehr auf das kommende Künstlerfrühstück.

DarkBW: Die Sorge um die geringer werdenden Verkaufszahlen der Tickets bleibt auch dir nicht erspart. Was macht dir mehr Sorge: Das Finanzelle oder das, dass Künstler womöglich vor leeren Rängen spielen müssen. Was lässt dich trotz der Ungewissheit weitermachen?

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Bernd W.: Ich mag das Geld nicht komplett außer Acht lassen, aber wenn ich die Kohle zu wichtig nehmen würde hätte ich die Nummer nach dem Kickoff einstapfen müssen. Aber natürlich will auch ich nicht jedesmal drauf legen. Wichtiger sind mir aber zwei andere Themen: wie du schon erkannt hast bedeutet es mir viel, dass die Bands nicht vor leerem Haus spielen. Und zum zweiten möchte ich die vielen kleinen Erfolgserlebnisse in der Vorbereitung eines Festivals nicht missen. Es macht Spaß eigene T-Shirts zu setzen und zu tragen, Flyer zu designen und einfach viel auszuprobieren. Als ich zwischendurch mal eine Dose mit einem gebrandeten Energydrink in der Hand hatte war das schon sehr surreal. Da hätte ich vor fünf Jahren gar nicht dran gedacht. Auch die Anerkennung und Unterstützung der Freunde die drauf setzen, dass ich das Thema weiter mache motiviert sehr.
Was die Angst eines Misserfolges angeht: das Risiko darf ich nicht scheuen, denn eine Garantie für Erfolg habe ich nicht. Von vielen (auch recht großen) Festivals ist bekannt, dass sie mal eine harte Zeit hatten. Dann muss man eben draus lernen, sich neu aufstellen und gut ist’s. Aus dem Lehrbuch des Projektmanagements: Plan à Do à Check à Act und wieder von vorne.

DarkBW: Ist eine „SPRING EDITION“ im Jahr 2020 angedacht?

Bernd W.: Die Frage ist mit am schnellsten beantwortet: Nein. Ich habe mich mit dem Team und Fans ausgetauscht und auch wenn ich die Orga mittlerweile durchplane: einmal im Jahr ist genug. Das verschafft Luft für den nächsten Durchgang. Wir haben uns daher auf einmal jährlich geeinigt. Haltet euch schon mal den 17. Oktober 2020 frei.

DarkBW: Wer bereits Interviews von DarkBW gelesen hat weiß, dass am Ende auch manchmal etwas Persönliches kommen kann. Lieber Bernd, wir wollen dir auf den Zahn fühlen… Bitte beantworte doch einfach kurz und knapp diese Fragen. Zu welchen Dingen hast du größere Affinität?

Rammstein oder Depeche Mode?
Rammstein. Depeche Mode kann ich echt nicht mehr hören. Da könnte ich gleich die nächste Anekdote loswerden.

PoetrySlam oder Standup Comedian?
Ich finde beide Disziplinen bewundernswert, aber wenn es drum geht: Sträter.

Golfen oder Gassi gehen?
Gassi. Ganz klar. Beim Spaziergang mit Luna komm ich mal runter.

Schwarz oder Orange?
Heute, wenn’s eine der beiden Farben sein muss: Schwarz. Aber meine Lieblingsfarbe ist keine von beiden.

Baumwolle oder Synthetik?
Synthetik. A penny for your thoughts my dear…

DarkBW bedankt sich ganz herzlich für die Bemühungen, das Engagement und deine investierte Zeit, so kurz vor dem Festival! Auf ein gutes Gelingen und einen unvergesslichen musikalischen Abend!

Bernd W.: Vielen Dank, es war mir eine Freude insbesondere über die Anekdoten nachzudenken. Da kam im positiven Sinne manches hoch. Und auch eure Unterstützung als Portal der Schwarzen Szene ist sehr wertgeschätzt. Entsprechend wünsche ich euch ebenso viele interessierte Zuschauer!

Alle Infos zum Event findet ihr in unserem Kalendereintrag.

SAVE THE DATE: 5. SYNTHETIC ORANGE 17.10.2020  

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Anny

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