Interview

20 Jahre Stuttgart-Schwarz – Interview mit DJ Dave

Stuttgart-Schwarz ist am vergangenen Montag, 09.12.2019 20 Jahre geworden. Grund genug um einen der bekanntesten Veranstalter schwarzer Partys in der Region Stuttgart, DJ Dave in unserem Interview auf den Zahn zu fühlen!

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20 Jahre Stuttgart-Schwarz – Das Interview mit dem Gründer und Veranstalter DJ Dave

DarkBW: Hallo Dave! Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst und dich den Fragen von DarkBW stellst. Wir gratulieren dir zu 20 Jahren Stuttgart-Schwarz. Das ist eine sehr lange Zeit auf die du sehr stolz sein kannst. Wie kam es zu Stuttgart-Schwarz? Erzähle uns doch etwas zur Entstehung!

DJ Dave

DJ Dave: Herzlichen Dank, ich freue mich über Euer Interesse und erzähle natürlich sehr gerne über mein „schwarzes Baby“, welches inzwischen doch schon recht groß und erwachsen geworden ist.
Die Idee hinter dem Stuttgart-Schwarz Magazin war eine bisher nicht dagewesene Internetplattform in Form eines Online-Magazins anzubieten. Der schwarzen Szene wollten wir einen Überblick darüber geben, was wann und wo im Großraum Stuttgart für Freunde der Wave und 80‘er Musik geboten ist. Unser Ziel war und ist es, die schwarze Szene, ob jung oder alt und unabhängig ihres bevorzugten Styles und Musikgeschmack (wieder) zu vereinen, Partnerschaften mit anderen Städten aufzubauen und wieder mehr Konzerte ins Ländle zu holen. Zeitgleich hatte Sputnik die Idee mit dem Wave-Board, welches das erste und ein großartiges Diskussionsforum für die Szene war. Er hatte das Know How meine Ideen umzusetzen und so entstand eine bis heute reichende Kooperation.
Nachdem ich fast 5 Jahre nur noch Retro-Parties veranstaltet hatte, wollte ich wieder Gothicevents in Stuttgart etablieren und so entstand 1999 zeitgleich der Stuttgart-Schwarz Event. Der Namensgeber war der Kultklassiker „Stuttgart-Schwarz“ von New Dimension mit Jens Herzberg (Roxy) aus dem Jahre 1985. „Kommt alle ins Odeon, kommt alle rein, tanzt den letzten Tanz!“

DarkBW: Erinnerst du dich noch an deine aller erste Party? Wie lief sie ab und war es ein Erfolg?

Die erste Stuttgart Schwarz Party am 09.12.99

DJ Dave: Man kann sich das heute kaum noch vorstellen, aber es gab bei den Parties in den Achtzigern keine Flyer, geschweige dem einen Emailverteiler, Handys und schon gar kein Internet. Es lief zunächst alles über Mundpropaganda und dann über Flyer in Handschrift oder mit Klebebuchstaben oder mit der Schreibmaschine. Nachdem das Odeon geschlossen hatte gab es diverse Nachfolgeclubs z.B. 360, RIF RAF, Skylas Disco Pup und keiner ging dahin. Wir „Schwarzen belagerte aber ausdauernd „unseren“ Club, das Cafe darüber und den Park gegenüber bei der Liederhalle. Schließlich kamen wir mit dem Besitzer ins Gespräch und endlich hatte er ein Einsehen und wir zogen los und holten unsere Platten. Es war tatsächlich trotz der geringen Werbemöglichkeiten schnell voll in unserem Odeon (später Großer Bär). Bei der ersten Stuttgart-Schwarz Party im Musicland hatte ich schon eine treue Gemeinde durch meine Veranstaltungen in der Röhre und im Schützenhaus. Somit konnte ich Dank den dort ausgelegten Flyern schon bei der Premiere von Stuttgart-Schwarz vor vollem Haus auflegen.

Die niemals vergessenen Locations

DarkBW: In 20 Jahren hast du in einigen Locations Partys veranstaltet. Viele davon gibt es heute nicht mehr. Fallen dir noch alle Locations ein und welche wird deine ewige Nummer 1 bleiben?

30 Jahre DJ Dave

DJ Dave: Das Odeon (R.I.P.) wird neben der Röhre (R.I.P.) immer meine Nummer 1 bleiben, schließlich waren das meine beiden ersten Szeneclubs. Dann natürlich der Rockpalast, der heutige KellerKlub. Das Cactus Leonberg (R.I.P.), Das Subway Schwaikheim (R.I.P.), das Residenz Feuerbach (R.I.P.), das Novum Feuerbach (R.I.P.) das Miami Zuffenhausen (R.I.P.), das Alte Schützenhaus Heslach (heute Buddha Lounge), das Musicland Stuttgart-Mitte (R I.P.), das Sky/Cinderelle (R.I.P.), das HOT SPOT Filderstadt (gibt’s noch), gefolgt von dem wunderbaren Club Zollamt in Bad Cannstatt (Heute KIS), welches 16 Jahre unsere Homebase neben der Röhre war. Keinen dieser Clubs möchte ich missen. Ich hoffe das LKA-Longhorn wird es weiterhin geben, dort lege ich ja auch noch selbst auf! Auch das Make (Ex-Vibe) hab ich schon in mein Herz geschlossen und im Januar geht es dort auch schon in das vierte Partyjahr!

DarkBW: Was ist dein (musikalisches) Erfolgsrezept über diese lange Zeit hinweg?

DJ Dave: Ich denke beim Einfloorkonzept haben wir durch die schnellen Wechsel aller musikalischen Spielarten, gemixt mit neuen, lokalen, unbekannten Bands und der Abwechslung von Hits und verkannten B-Sides gepunktet. Bei den Events mit mehreren Floors versuchen wir dasselbe und dass wir möglichst alle Genres abdecken. Die wechselnden DJ’s und Specials tragen sicher auch dazu bei. Sicherlich profitieren wir auch auf Grund unseres langjährigen Traditionsbetriebes und von unseren treuen Stammgästen.

DarkBW: Stuttgart-Schwarz steht für Gothic und für 80er/Wave Events. Wo fühlst du dich mehr hingezogen und hast du einen Favoriten zwischen den beiden Welten?

DJ Dave: Die heutige, sehr vielschichtige (und leider gespaltene) Szene hat ihre Wurzeln in den Endsiebzigern des New Wave und Postpunk. Deshalb bin ich natürlich sehr mit dieser Zeit verwurzelt und fühle mich dort am Meisten zu Hause. Die Zeit war sehr prägend für mich. Die schwarze Szene ist meine Familie, – meine Religion und ich liebe die meisten Musigenres von Synthie-Pop über EBM, den Future Pop, Batcave, Dark-Wave, Gothic bis hin zum aktuellem Nu/Nu Wave mit neuen Bands im alten Style.

Veränderungen über die Jahre

Die Röhre Stuttgart

DarkBW: Wie hat sich das Publikum speziell auf deinen Partys über die Jahre hinweg verändert?

DJ Dave: Sie sind sehr viel älter geworden wie wir auch, lol. Aber es kommen mittlerweile schon deren Kinder mit auf unsere Events. Es gibt kaum noch Spezialisten, welche unsere DJ’s herausfordern, was wir bedauern. Die Interaktion mit dem Publikum auf den Floors ist sehr viel schwieriger geworden, weil die Toleranzschwelle der Gäste leider gesunken ist. Das heißt ein „falsches Lied“ und die Leute wechseln den Floor oder gehen eine rauchen. Es kommen immer junge Besucher nach was uns sehr freut.

DarkBW: Wir haben bereits andere Veranstalter gefragt, wie sie zur aktuellen Lage der Szene stehen. Viele Clubs stehen vor dem ‚Aus‘. Konzerte und Festivals sind schlecht besucht und die Kultur scheint sich zu verändern. Hast du eine Erklärung, woran das liegen könnte?

DJ Dave: Die Szene früher war in wenigen, kleinen Clubs vereint. Es gab eine elektronische und Gitarrenfraktion, aber meistens hörte man Beides. Zu anderen Club-Events musste man schon mal 100-200 Km fahren. Es gibt meines Erachtens zu viele Clubs auf zu geringer Distanz und die musikalische und stylische Ausrichtung hat sich zwar vervielfacht, aber gleichzeitig die gegenseitige Toleranz verringert. Es fehlt meines Erachtens die Identifikation und das familiäre Miteinander. Vieles wird nur als Trend mitgenommen bzw. steht die Musiksparte über der eigenen Ideologie der ganzen schwarzen Szene.

DJ Dave – 1999

DarkBW: Kommen wir kurz zu dir persönlich. – Du hast dieses Jahr ebenfalls 30 jähriges DJ Jubiläum gefeiert. Als „Gothic-Mainfloor“ DJ sieht man dich inzwischen selten bis gar nicht mehr. Hat dies spezielle Gründe?

DJ Dave: Es sind sogar 31 Jahre, das erste Jahr hieß ich noch DJ Micha. Wie bereits erwähnt ist die Subkultur der Achtziger für mich sehr prägend gewesen und ich bin hängen geblieben. Als ich noch Events mit einem Floor veranstaltete war das noch übersichtlicher. Als Verantwortlicher bei 3-4 Floors kannst Du durch die Eventleitung, Kassentätigkeit etc. dich nicht nur aufs Auflegen konzentrieren. Mit der Zeit habe ich dann auch den Anschluss an die Vielzahl der neuen Veröffentlichungen verloren, meinen Anspruch auf dem Gothicfloor würde ich heute wahrscheinlich nicht mehr gerecht werden.

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Papa Dave!

DarkBW: Du wirst von vielen DJ und Veranstalter Kollegen, aber auch von Gästen als „Papa Dave“ bezeichnet. Wir wissen, dass du einen sehr liebevollen Umgang mit allen pflegst. War das schon immer so und gibt es doch etwas, was dich so richtig auf die Palme bringen kann?

DJ Dave: Als ich jung war nicht, lol. Ich mag die Menschen und insbesondere meine Gothic-Family. Es fällt mir dadurch leicht liebevoll mit Ihnen umzugehen. Es macht mich traurig, wenn die Szene nicht zusammenhält oder sich gar intrigiert. Wir sollten zusammen halten und zusammen feiern.

DarkBW: Unsere Szene hat im Vergleich zu anderen Musikgenres einen DJ Mangel. Junge DJs sieht man eher selten. Kannst du dir dies erklären?

DJ Dave: Das hat aus meiner Sicht damit zu tun, dass der Nachwuchs sich nicht mehr so intensiv für die Musik interessiert und alles im Netz findet ohne sich darum bemühen zu müssen. Man hat nichts mehr in seiner Hosentasche, dass man ewig gesucht und letztendlich gekauft hat. Es wird alles schnelllebiger, viel konsumiert, aber weniger Herzblut eingebracht. So würde ich mir erklären, dass auch kein Interesse besteht sich für etwas mehr und dauerhaft einzusetzen als nötig.

Stuttgart Schwarz im Make Club

DarkBW: Was ist auch heute noch das Besondere am „Gothic Sound“ für dich? Gibt es musikalische Tabus für dich?

DJ Dave: Der Gothicsound und die dazugehörigen Themen, Texte spiegeln meine Seele und meinen Livestyle wieder. Das wird sich auch nicht mehr ändern, weil ich das auch so lebe. Gewaltverherrlichende, diskriminierende Musik und Texte sind für mich ein No Go und finden keinen Platz im Club!

DarkBW: Welches Event bleibt dir am eindrucksvollsten im Kopf? Was waren die größten Tops und Flops der letzten Jahre?

DJ Dave: Es fällt mir schwer mich fest zu legen. Für mich ist es genau so eindrucksvoll eine Party mit wenigen, aber Tanzfreudigen, welche mich musikalisch fordern, wie ein Releaseevent von Depeche Mode mit 1200 Gästen. Am Besten haben mir immer die Mottoevents gefallen z.B. Halloween, The Munsters, Tanz der Vampire, Rocky Horror Show und die Konzerte von Klinik, Love Like Blood, In The Nursery, Clan Of Xymox, Invincible Spirit und vielen lokalen Bands in den Anfangsjahren meines Wirkens.

Konzerte und Festivals

Dark Park Festival 2009

DarkBW: Vor einigen Jahren gab es ja das Dark Park Festival mit Unheilig als Headliner. Seither ist ruhig geworden mit schwarzen Festivals in der Region. Lohnt es sich nicht oder könntest du dir eventuell sogar vorstellen eines Tages einen Anlauf (eventuell auch mit anderen Veranstaltern aus der Region) zu starten?

DJ Dave: Konzerte und Festivals zu veranstalten ist auf Grund der oben geschilderten Veränderungen ein undankbarer Job geworden. Der Aufwand und die Ausgaben sind hoch, die Resonanz gering.
Ich werde weiterhin Bands und deren Konzerte bestmöglich promoten, aber nicht mehr selbst veranstalten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Gäste extra später in den Club kommen, um die Bands nicht sehen zu müssen, selbst wenn es nicht extra Eintritt kostet.

DarkBW: Gibt es zu guter Letzt noch etwas, was du den Gästen gerne mit auf den Weg geben würdest?

DJ Dave: Haltet zusammen und schaut über Euren Tellerrand, das was wir mit der schwarzen Szene erleben dürfen – ist etwas ganz Besonderes! Man sieht nur mit dem Herzen gut. Don’t dream it, be it!

DarkBW: Vielen Dank für deine Zeit und allen deinen Events in den letzten 20 Jahren. Bitte bleib wie du bist. Ohne dich würde eine große Persönlichkeit in der Region fehlen. 🙂

DJ Dave: Danke, das hast Du schön gesagt und es ehrt mich.

Die nächsten Stuttgart-Schwarz Events im Überblick:

21.12.2019 – Black Celebration at LKA Longhorn Stuttgart
04.01.2020 – Pop & Wave at LKA Longhorn Stuttgart
18.01.2020 – Our Darkness at Make Club Fellbach

Stuttgart-Schwarz im Netz

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Weitere Veranstaltungen findet ihr wie gewohnt in unserem großen Szene Veranstaltungskalender.

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Emmanuel

Hallo! Ich bin der Gründer von DarkBW und bin in erster Linie für die Verfügbarkeit der Seite zuständig. Ich habe das Projekt im September 2018 begonnen und im März 2019 mit dem Ziel einen gemeinsamen Ort für die schwarze Szene zur Verfügung zu stellen veröffentlicht. Ein Ort an dem man sich über aktuelle Geschehnisse der Szene informieren kann, Tipps erhält und neue Leute kennen lernt. :-)

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